Mit Rehearsal for Redemption tritt die international gefeierte Künstlerin Yael Bartana in einen Dialog mit dem Ausstellungsort – dem Wannsee in Berlin – als Ort historischer (Vor-) Inszenierung. Yael Bartana setzt ihre langjährige Untersuchung der menschlichen Fähigkeit des Hoffens fort – ein prophetisches Gefühl, das auf vergangenen Erfahrungen basiert und ein Hauptmotor der politischen Vorstellungskraft ist.

Das Kapselprojekt, präsentiert in der Galerie Wannsee Contemporary, zeigt eine Videoarbeit, Fotos sowie Collagen, die vor Ort entstanden sind. Es basiert auf Bartanas Interesse an den 1920er Jahren als einer Zeit intensiver politischer, ideologischer und sozialer Umwälzungen, die von utopischen Visionen und dystopischen Versprechungen lebte. Inspiration holt sich die Künstlerin vom Choreographischen Institut Laban, das 1927 im nicht weit entfernten Grunewald eröffnet wurde. Der ungarische Choreograf Rudolf von Laban (1879-1958) entwickelte einen kinetografischen Stil des expressionistischen Tanzes. In Anlehnung an die Prinzipien der „Lebensreform“ verband die sogenannte „Labanotation“ Prinzipien körperlicher, sozialer und ritueller Bewegung – zentrale Aspekte auch in Bartanas Schaffen.

In Rehearsal for Redemption verbindet Bartana ihre frühere Videoinstallation Malka Germania (2021) mit neuen Entwicklungen in ihrer Arbeit und untersucht die mögliche Flucht der Menschheit in den Weltraum. Während Malka Germania die Geschichte eines messianischen Erscheinens in Berlin erzählt, fordert Bartanas Erforschung des Weltraums als neuem Horizont menschlicher Existenz die Menschen auf, ihre Erlösung selbst in die Hand zu nehmen. Indem sie Rehearsal for Redemption am Wannsee dokumentiert, untersucht Bartana Methoden, die Erlösung herbeiführen – seien sie politisch, religiös oder mystisch.

Ihre Fotoserie zeigt Geister der Laban-Tänzer, die am Ufer des Wannsees auftauchen, wo sie schon einmal tanzten, ihre Bewegung immer wieder neu bearbeiten, zu einer Einheit ortsspezifischer Erinnerung verschwimmen und somit zu einem kollektiven Begriff werden. Bartana bewertet Labans Vorschlag der selbstinduzierten Befreiung von körperlicher Aktivität und Reform durch das Prisma der heutigen ökologischen Katastrophe, des Krieges und der ideologischen Alpträume neu. Könnte die Vision der Lebensreform, die in den Faschismus abschweifte, in eine andere Zukunft umgelenkt werden?

Der Wannsee ist ein Oxymoron in situ und ein Ort radikaler Widersprüche. Bartana arbeitet oft mit negierenden Botschaften, die ihre Stärke in ihrem Widerspruch finden. An den Ufern des Sees wurde der Völkermord an den europäischen Juden in direkter Sicht auf das von Badegästen, Musik und spielenden Kindern belebte Strandbad Wannsee geplant. Der See als Brücke zwischen den beiden Extremen symbolisiert Traumata, verdrängte Erinnerungen und Emotionen, aber auch die Nähe utopischer und dystopischer Szenarien.

In einem Video stattet Bartana in ihrer Arbeit die Geistertänzer mit Tiermasken aus. Es gelingt ihr, die von Laban praktizierte Idee der körperlichen Befreiung mit Ritualen und Glaubensvorstellungen verschmelzen zu lassen, die auf Erlösung abzielen: das Pferd, das die apokalyptischen Reiter trägt, der Esel des Messias und der Widder als ikonisches Opfertier. Am Ort des Wannsees katalysiert sich die symbolische Kraft dieser Tiere als Erlösungsvermittler zu einer rituellen Freisetzung dessen, was der See bereithält.

In einer Collagenarbeit, die Gustave Dorés Himmelfahrt Christi neu denkt, ersetzt Bartana den Messias durch das Raumschiff ihres bevorstehenden Projekts, das ein anderes, aber ebenso erlösendes Versprechen im Himmel hält. Der Akt der Anbetung durch die Gläubigen, die die Himmelfahrt beobachten, findet eine Wiederholung in den Gesten der Laban-Tänzer – und stellt ihre Probe in den religiösen Bereich. Bartana macht sich die Historizität von Dorés Illustrationen zunutze, indem sie biblische Prophezeiungen und von Menschen gemachte Vorstellungen kombiniert.